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Rezension: "Günter Schmidt: Die Vogelspinnen"
Tarantulas of the World, Nr. 117 / 2006

Es ist noch gar nicht lange her, dass ich vor Spinnen ziemlich viel Respekt und nicht gerade wenig Angst hatte. Grund dafür war vor allem ihre Schnelligkeit, aber auch mein mangelndes Wissen über diese Tiere. So kannte ich Vogelspinnen beispielsweise nur als "Monster" aus Horrorfilmen im Fernsehen, und allein die Vorstellung, einer Vogelspinne zu begegnen, erfüllte mich mit Schaudern. Durch eine Freundin wurde ich das erste Mal mit einer Vogelspinne – einer Brachypelma emilia – konfrontiert, und da mir viel an dieser Freundschaft lag, duldete ich, wenn auch mit grosser Skepsis, die Anwesenheit des Tieres. Allerdings war ich stets darauf bedacht, dass die Tür des Terrariums fest verschlossen war. Im Laufe der Zeit gewöhnte ich mich an das Tier und verbrachte viele Stunden damit, es zu beobachten. Dass ich das Tier einige Zeit später sogar in die Hand nehme würde, hätte ich zu diesem Zeitpunkt nie zu träumen gewagt, denn für mich galt, um es mal in biblischen Worten auszudrücken: "Eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr als eine Vogelspinne auf meine Hand!" Sicherlich fragt sich der kritische Leser an dieser Stelle, was das alles mit dem Buch von Günter Schmidt zu tun hat. Gemach, gemach...!!!

Ist das Interesse an Vogelspinnen erst mal geweckt, dann ist der Wissensdurst in der Regel gross und die Suche nach Literatur beginnt. Mit Hilfe des Internets hat man heutzutage gute Möglichkeiten, um nach Literatur zu suchen, gleichzeitig wird man jedoch von der Datenflut erschlagen und gibt die Suche oft auf, bevor man ans Ziel gelangt ist. Gerade für Anfänger ist dies abschreckend, da man doch leicht zu dem Schluss kommt, dass es unmöglich ist, sich einen systematischen Überblick zu verschaffen, oder sogar dass man zu blöd dafür ist. Es gibt zwar mittlerweile eine Reihe von guten Büchern über Vogelspinnen, jedoch behandeln sie alle nur Teilaspekte und bieten keine systematische Gesamtdarstellung. Eine Ausnahme bildet jedoch das Buch "Die Vogelspinnen" von Günter Schmidt, welches 2003 im Westarp Verlag erschienen ist. Dieses Buch ist das einzige Werk in deutscher Sprache, welches einen weltweiten systematischen Überblick über die Familie der Theraphosidae (Vogelspinnen) gibt und darüber hinaus noch viele Zusatzinformationen über Morphologie, Lebensweise, Haltung, Zucht , Krankheiten und vieles mehr liefert.

Gleich zu Beginn des Buches werden Fragen beantwortet, die vor allem den Vogelspinnen-laien interessieren. So erfährt man z. B., dass der Name "Vogelspinne" von der deutschen Malerin Maria Sybilla Merian stammt, welche im 17. Jahrhundert nach Surinam reiste und dort ein Bild von einer Riesenspinne (Avicularia avicularia) malte, die einen Vogel erbeutet hatte. Weiter wird erläutert, dass der Name "Tarantula", wie die Vogelspinnen in USA und England bezeichnet werden, von italienischen Einwanderern stammt, die beim Anblick der nordamerikanischen Vogelspinnen Verwandte der in Süditalien beheimateten und von ihnen gefürchteten Tarantel zu sehen glaubten. Auch die Tatsache, dass es zur Zeit des Tertiärs in unseren Breitengraden Vogelspinnen gab, wird dem Leser nicht vorenthalten.

Der Hauptteil des Buches ist jedoch der weltweiten Verbreitung der Vogelspinnen und der Bestimmung der verschiedenen Unterfamilien und Gattungen gewidmet. Mit Hilfe eines Bestimmungsschlüssels wird es ermöglicht, ein Vogelspinne systematisch zu bestimmen und einzuordnen. Sicherlich gelingt dem unerfahrenen Vogelspinnenfreund nicht auf Anhieb eine Bestimmung bis auf Speciesebene, jedoch wird man durch die Anleitungen des Buches bestärkt und lässt sich nicht so leicht entmutigen. Und kommt man bei der Untersuchung einer Exuvie erstmals zum richtigen Ergebnis, dann ist man nicht mehr so leicht zu bremsen. Was das Buch vor allem auszeichnet, ist die Intention des Autors, das Thema Vogelspinnen dem Vogelspinnenliebhaber zugänglich zu machen und das Wissenschaftsinteresse zu wecken. Und das gelingt ihm auch hervorragend. Gleichzeitig ist das Buch ein Übersichtswerk, das in der Bibliothek keines Arachnologen fehlen sollte.

Günter Schmidt gehört zweifelsohne zu den Wissenschaftlern, die noch den Forschergeist des 19. und 20. Jahrhunderts verkörpern, von denen es jedoch leider immer weniger gibt. In zahlreichen Publikationen und Büchern hat Günter Schmidt die Früchte seiner jahrzehntelangen Forschung zu Papier gebracht und in Kürze feiert er seinen 80. Geburtstag.
Heute wird die Forschung und die Wissenschaft durch Bürokratie, absichtliche Verkomplizierung und durch formalistische Extremanforderungen (z.B. bei der Einreichung von Erstbeschreibungen) aktiv behindert. Der Verfall der Wissenschaft schreitet so ungebremst voran und an Stelle einer an der Sache orientierten wissenschaftlichen Diskussion tritt immer mehr Hickhack und Hetze, egal in welchem Wissenschaftsbereich. Mag man auch Publikationen wie z. B. "Liebeskummer bei Vogelspinnen" belächeln, so sollte man sich nicht auf ein solches Niveau herablassen und sich lieber an die klassische Literatur halten, und dazu gehört nun mal das Buch "Die Vogelspinnen" von Günter Schmidt.


Ruth Barensteiner
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